Vor vielen Jahren habe ich mit einem Freund zusammen überlegt, ob man nicht zum Immergut Festival fahren sollte. Es war die Zeit, in der ich kleinere Indie-Festivals wie das Appletree Garden oder Haldern Pop für mich entdeckte. Hinzu kam, woher auch immer, die Annahme, dass Sufjan Stevens an der Mecklenburgischen Seenplatte auftreten sollte. Als sich dies als falsch herausstellen sollte, wurden auch die konkreten Immergut-Pläne ad acta gelegt. Ob es nun die längere Anreise, der eh schon volle Festivalkalender oder das häufig vom Primavera Sound in Barcelona okkupierte Wochenende war, es hat bis 2024 gedauert, bis die Immergut-Pläne aus ihrer Schublade geholt wurden. Um hierzu Christoph Daum frei zu zitieren: „(…) das muss man im Nachhinein sagen, das war ein Fehler.“
Schon die ersten Schritte auf dem Festival-Areal fühlten sich an wie ein Jungbrunnen, erinnerte es doch stark an die ersten Besuche auf anderen intimen Festivals. Man erkundet den liebevoll gestalteten Campingplatz und baut langsam sein kleines Camp auf. Da stört auch der einsetzende Regen im Zusammenspiel mit fehlendem Pavillon nicht wirklich, insbesondere weil es die letzte größere Wetterkapriole des Wochenendes bleiben sollte. Der Fokus konnte also komplett auf dem vielfältigen (Musik)-Programm liegen, von dem der eine oder andere Act schon den etwas abgespeckteren Warm-Up-Donnerstag zu einem gelungenen Festivalstart machte. Den Anfang machte bei strahlendem Sonnenschein Moderatorin und Autorin Miriam Davoudvandi, die sich im Birkenhain in einer Mischung aus Interview und Lesung mit Mental Health und Feminismus beschäftigte. Trotz der schwierigen Thematik wurde ein unterhaltsamer Weg gefunden, diese dem Publikum näher zu bringen. Der Donnerstag bot aber natürlich auch erste musikalische Highlights. Ganz vorne dabei waren sicherlich Royel Otis. Die Australier sind seit einiger Zeit in aller Munde, ob wegen ihres wunderbaren Debütalbums „Pratts & Pain“ oder ihrer großartigen Cover, wie dem hochgelobten „Murder On The Dancefloor“ und dem kürzlich erschienenen „Linger“. Zwar hatte die Band ein wenig unter Soundproblemen zu kämpfen, was der Stimmung jedoch keinen Abbruch tat. Es wurde getanzt, es wurde mitgesungen – ein erstes großes Ausrufezeichen des Festivals. Das legte die Messlatte sehr hoch, weshalb die folgenden Konzerte etwas abfielen, was aber auch an der Müdigkeit gelegen hat. Soviel neue Eindrücke, die Anfahrt, da konnten auch der gefühlvolle Auftritt des österreichischen Singer-Songwriters Oskar Haag oder der stimmungsgeladene Gig Paula Carolinas nicht mehr hundertprozentig überzeugen. Trotzdem, im Endeffekt war der Donnerstag der perfekte Start für das Immergut Festival 2024, während weitere verheißungsvolle Auftritte ihre Schatten vorauswarfen.