Sommerliche 25 Grad, ein Tag vollgepackt mit Musik auf fünf Open-Air-Bühnen und das Anfang März? Klingt, Klimawandel hin oder her, für Europa unrealistisch. Um so früh im Jahr auf eine Ration Sommer-Festival zu kommen, muss man da schon den Äquator überqueren – zum Beispiel gen Australien. Beim Download Sydney haben sich die Genregrößen aus Metal, Hard Rock und Punk die Klinke in die Hand gegeben.
„Australia deserves a Heavy-Metal-Festival“, röhrt es am Samstag kurz nach drei Uhr aus den Lautsprechern der Black Stage. Joel O’Keeffe ist Sänger des ACDC-Klons Airbourne und als Lokalmatador besonders motiviert. Die Hard-Rock-Band ist erst spät zum Line-Up des Download Sydney dazugestoßen, als „Ersatz“ für den krankheitsbedingt ausgefallenen Headliner Ozzy Osbourne. Der Verdruss über den Verlust ist dem Publikum zu diesem Zeitpunkt nicht anzumerken. Airbourne wissen, was der geneigte australische Fan härterer Gitarren-Musik sehen und hören möchte: Schwere Riffs, wehende Mähnen, fliegende Bierdosen, Feuer.
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Im Parramatta Park ein wenig außerhalb des Stadtzentrums findet das Tochter-Festival des altehrwürdigen Download in Donington, England zum ersten Mal statt: Ein Tag, fünf Bühnen und mehr als 40 Bands, darunter große Namen wie Slayer auf ihrer (vermeintlichen, man kennt das ja) Abschlusstour, Judas Priest, Alice in Chains, Rise Against oder Ghost.
Zwei Downloads an zwei Tagen – Ozzy fehlt und ist doch da
Einen Tag später gastiert das Event außerdem in Melbourne. In der Künstlerstadt gab es 2018 die allererste Ausgabe des australischen Download. Mit dem Aus der früheren Platzhirsche Big Day Out und Soundwave hatte sich 2015 eine Lücke in diesem musikalischen Segment aufgetan – obwohl die großen Namen der Rock- und Metalmusik seit jeher im Frühjahr Australien, dort ist es dann Spätsommer bis Herbst, betouren.
Live Nation hat diese Lücke erkannt und mit dem Download ein solches Festival nach Down Under zurückgebracht. Und das mit Erfolg. Sowohl für Sydney als auch Melbourne sind am Wochenende nur noch wenige Karten an der Tageskasse erhältlich. Für die enttäuschten Ozzy-Fans gibt es zwar keinen würdigen Ersatz, dennoch sind der Black-Sabbath-Sänger, dessen letzte Auftritte in Down Under eigentlich in Sydney und Melbourne steigen sollten, und seine Musik allgegenwärtig. Zahlreiche Bands senden ihre Genesungswünsche und spielen Klassiker wie Paranoid oder War Pigs.
Da es fünf Bühnen für einen einzigen Tag gibt, sind ärgerliche Überschneidungen leider nicht zu vermeiden. Code Orange oder Behemoth? Anthrax oder Converge? Die meisten Leute entscheiden sich bei zweiter Wahl wohl für die Oldschool-Thrasher aus der Bay Area. Converge-Shouter Jacob Bannon ist über die wenigen, dafür umso begeisterteren Fans, die sich versammelt haben, sichtlich glücklich. „I wanna spread happiness by screaming“, ruft er den Fans entgegen. Die Menge lacht.
Publikumsinteraktion ist etwas, das sich viele der Bands auf die Fahne geschrieben haben – die bierlaunigen Fans nehmen das dankend an, sei es bei Rise Against, Sum41 oder den Grunge-Legenden von Alice in Chains. Die Singalongs bei den Hits der Seattle-Rocker sind beeindruckend, Man in the Box oder Would? kennt in Australien offenbar jeder. Ob das im Sommer bei der Festival-Tour in Deutschland auch so wird?
Download Sydney? Wie ein Metal-Festival in Europa
Vom Aufbau, Ablauf, Shows und Publikum ist das Download Sydney von einem europäischen Metal-Festival im Grunde nicht zu unterscheiden. Zumindest abgesehen davon, dass die Zahl der wirklich stark betrunkenen Besucher gefühlt ein wenig geringer ist. Das kann daran liegen, dass alkoholische Getränke nicht nur relativ teuer sind (rund 5 Euro für ein 0,33l Bier), sondern auch maximal 3,5 Prozent haben dürfen. Dafür werden den Besuchern Dosen statt Plastikbecher für den Verzehr gereicht. Das Gelände sieht nach Abschluss der letzten Bands um 23 Uhr entsprechend aus.
Das ist schade, denn der Parramatta Park ist eine tolle Location: Die vielen Bäume spenden Schutz vor der brutzelnden australischen Sonne, die an diesem Tag glücklicherweise gnädig ist und sich die meiste Zeit hinter einem Wolkenteppich verbirgt. Die abwechselnd bespielten kleineren Bühnen Avalanche und Dogtooth liegen am Fuße eines natürlichen Amphietheaters – nach vorn kommen ist leicht, von hinten sieht man ebenso prima.
Bitte mehr Keychange wagen, liebes Download!
Das bereits um 11 Uhr gestartete Festival geht seinen Gang, große organisatorische Kritik kann man nicht anbringen: Genügend Toiletten und Getränkestände, zahlreiche Trinkwasserstellen, eine schöne Auswahl an Foodtrucks statt Standard-Festivalessen. Nur Eines fällt mal wieder auf: Die Keychange-Initiative, die sich für ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen männlichen und weiblichen Künstlern einsetzt, ist offensichtlich auch in Australien noch nicht bei den Veranstaltern von Metal-Festivals angekommen.
Maskulinität dominiert, Bands mit weiblichen Mitgliedern gibt es nur wenige. Mit der aus Baltimore stammenden Hardcore-Band War on Women tut sich immerhin gerade eine solche als besondere Neuentdeckung hervor. Das Quintett, das seine Musik als Co-Ed Feminist Hardcore-Punk bezeichnet, reißt die Avalanche-Bühne bereits zur Mittagszeit ab. Geht doch, denkt man in diesem Moment. Mit in dieser Hinsicht mehr Mut bei den Buchungen kann das Download im kommenden Jahr noch ein wenig mehr beweisen, dass Australien sein Metal-Festival verdient hat.
MSo
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