Mit Comebacks ist das so eine Sache. Wie oft ist man schon enttäuscht worden, wenn die Helden aus Jugendtagen zehn bis 20 Jahre später mal wieder zusammen touren und womöglich sogar ein Album aufnehmen? Zum Glück ist das bei den Post-Hardcore-Legenden At The Drive-In anders. Das haben sie – ausgerechnet möchte man sagen – in der Hamburger Sporthalle gezeigt.
17 Jahre vergingen bei At The Drive-In zwischen dem Überalbum Relationship of Command und dem 2017 erschienenen 4. Studioalbum In-ter a-li-a. Unterwegs ist die Band jedoch schon seit 2012 – zumindest unregelmäßig – wieder. In Hamburg war es an diesem Freitag im März jedoch der erste Auftritt seit August 2000.
Die Sporthalle, Hamburger unter euch kennen das, ist bei Tourankündigungen aus vielerlei Gründen der vielzitierte Football in die Leisten. Keine Atmosphäre, oft mieser Sound und teure Preise. Wenn dann aber erstmals seit fast zwei Dekaden eine Band wie At The Drive-In in die Stadt kommt und als Unterstützung auch noch Death From Above und Le Butcherettes mitbringt…. Ja, was soll man da machen? Ticket kaufen und hin.
Das dachten sich einige – aber bei weitem nicht genug. Wie vorab vermutet, ist die Sporthalle mit ihren 7.000 Plätzen mindestens eine Nummer zu groß für die Band – trotz des überragenden Line-Ups. Die Bühne stand eher auf der Hälfte im Vergleich zu anderen Konzerten und die Tribünen waren bis auf einen kleinen Bereich an jeder Seite zugehangen. Wäre das Mehr! Theater frei gewesen, hätte es wohl deutlich besser gepasst. Mit ein wenig Glück hätte der Veranstalter die anwesenden Gäste sogar ins Docks bekommen.
Support von Le Butcherettes und DFA – mehr geht nicht
So war vor allem bei Le Butcherettes zum Konzertbeginn noch viel zu wenig los. Was dem Auftritt der Garage Punker als Guadalajara, Mexiko jedoch keinen Abbruch tat. Die von At The Drive-In-Mastermind Omar Rodríguez López produzierte Band brachte das Publikum ziemlich schnell auf ihre Seite. Kein Wunder, ist die Performance von Frontfrau Teri Gender Bender derart energetisch, dass sie zurecht oft mit Künstlerinnen wie Björk oder Karen O. (Yeah Yeah Yeahs) verglichen wird.
Rund eine halbe Stunde durften sich Le Butcherettes austoben, die Hälfte des Sets ging Songs aus dem 2011 erschienenen Erstling Sin, Sin, Sin. Während des Auftritts füllte sich die Halle glücklicherweise zusehends, so dass bei den darauf folgenden Death From Above einiges los war. Das kanadische Noise-Punk-Duo gehört spätestens seit dem Surprise Gig beim Reeperbahn Festival 2017 zu den Lieblings-Liveacts einiger Festival-Community-User – und haben auch als Support von At The Drive-In wieder bewiesen, warum.
Das Set beinhaltete Songs von allen drei Alben, wobei der Fokus auf der jüngsten Veröffentlichung Outrage! Is Now lag. Songs wie Freeze Me, Holy Books oder Going Steady luden schon zu diesem Zeitpunkt zum Tanz ein und die Zeit, rund 40 Minuten, verging quasi wie im Flug. Sollten Death From Above demnächst noch einmal solo auf Tour gehen – hier ist die Empfehlung zum Hingehen.
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At The Drive-In sorgen für 90-minütige Ekstase
At The Drive-In betraten relativ pünktlich um 21.30 Uhr die Bühne. Das Publikum war zu diesem Zeitpunkt bereits ziemlich ausgelassen und biergeschwängert. Glück dem, der dann mit einem Song wie Arcarsenal eröffnen kann. Der Opener von Relationship of Command brachte die Stimmung zum Kochen. Der Song – wie etwa auch Pattern Against User oder Sleepwalk Capsules wurden von lautstarkem Gesang und einem ansehnlichen Moshpit begleitet.
Zwischendurch streute die Band um Sänger Cedric Bixler-Zavala immer wieder Songs ihres neuen Albums In-ter a-li-a ein – und auch hier präsentierte sich die Crowd textsicher. Ansagen gab es nur wenige. Wenn sie kamen, sprach Bixler-Zavala jedoch immer wieder von Erlebnissen auf vergangenen Touren im legendären Golden Pudel. Ob er sich aus dieser Zeit wirklich noch an Details erinnert? Na ja, nicht so wichtig.
Mit dem großartigen Invalid Letter Dept. oder 198d von der Vaya-EP gab es weitere Highlights. Nach rund 80 Minuten und ihrem vielleicht größten neuen Hit, Governed By Contagions, ging die Band von der Bühne – nur um, wie zu erwarten, kurze Zeit später noch einmal rauszukommen und dem aufgeheizten Publikum mit ihrem Übersong One Armed Scissor den Rest zu geben.
Festival-Berichte: Unsere Highlights 2017
Nach dem Auftritt festzuhalten bleibt, dass At The Drive-In es geschafft haben, trotz der sehr langen Pause nicht irrelevant zu werden. Das ist bei Bands, die um die Jahrtausendwende ihre größten Erfolge hatten, keine Selbstverständlichkeit. Und wer es schafft, dass man aus der Sporthalle rauskommt und kaum ein schlechtes Wort über den Auftritt verliert, kann sich darin bestätigt sehen, dass das Comeback ein voller Erfolg ist.
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