Auch dieses Jahr gehörte der Popsalon in Osnabrück zu den Veranstaltungen, die im Frühjahr die anstehende Festivalsaison einläuteten. Die siebte Ausgabe des sympathischen Indoor-Festivals bewies mit tollen, auf drei Tagen und fünf verschiedenen Bühnen verteilten Konzerten, dass es das kulturelle Highlight Osnabrücks ist.
Dabei begann die Veranstaltung wunderbar entspannt am Donnerstagabend: Schnell und unkompliziert die Tickets in der Lagerhalle eingelöst, um dann mit einem Bierchen den Fußweg Richtung Kleiner Freiheit zum ersten großen Highlight, Oum Shatt, anzutreten.
Hier gab es zwar die erste ärgerliche Überschneidung mit der Band Meute, die parallel die Lagerhalle abrissen, dennoch war es die richtige Entscheidung, in die Kleine Freiheit zu gehen. Oum Shatt dürften dem einen oder anderen vielleicht schon ein Begriff sein, etwa durch die Bestätigung beim Appletree Garden oder durch ihren Auftritt beim Reeperbahn Festival im vergangenen Jahr. Bei letzterem spielten sie unter anderem auf dem N-Joy Reeperbus, wo sie vom Moderatoren, mehr schlecht als recht, als eine Mischung aus “griechischen, türkischen und generell arabischen Einflüssen” beschrieben wurden. Zwar sind Einflüsse aus diesen Regionen nicht abzustreiten, aber die typischen Indie-Klänge spielen dann doch eine größere Rolle. Songs wie “Power To The Women Of The Morning Shift” oder “Hot Hot Cold Cold”, die so auch von Franz Ferdinand hätten stammen können, brachten die Leute im Nu auf die Tanzfläche. Nicht unwahrscheinlich, dass man von den Berlinern noch einiges hören wird.
Dass der darauf folgende Auftritt von Julian Philipp David nur schwer an das erste Highlight herankommen konnte, lag daran, dass mir seine Musik viel zu glatt und austauschbar war, und auch die mit einer Stunde schon etwas zu lange Umbaupause zwischen beiden Acts trug nicht unbedingt zu einer Konzertlaune bei. Deshalb machte ich mich lieber auf den Weg nach Hause, um am Freitag für das große Highlight, Gisbert zu Knyphausen, fit zu sein.
Indie-Hypes und Gisbert zu Knyphausens Melancholie
Vor dessen Auftritt standen jedoch noch die Giant Rooks an. Die zurecht gehypte Indie-Truppe brachte die Lagerhalle fast zum platzen. Zusammen mit den darauf folgenden Razz dürfte der Freitagabend in der Lagerhalle der mit Abstand vollste gewesen sein. So waren wir glücklich, noch pünktlich in die Location zu kommen, denn kurze Zeit später staute sich die Schlange bis vor die Tür. Das Konzert der Giant Rooks war wie zu erwarten gut – schöne Indie-Klänge, die ein wenig an Alt-J erinnerten.
Trotzdem machten wir uns pünktlich auf den Weg ins Haus der Jugend, in dem Gisbert zu Knyphausen das Highlight des Festivals werden sollte. Olli Schulz hat in einer Folge des Podcasts “Fest und Flauschig” Anfang dieses Jahres gesagt, dass er sich wünscht, dass das Jahr 2017 im Zeichen von Gisbert zu Knyphausen stehen wird – und das vollkommen zurecht. Denn er ist nicht nur einer der sympathischsten Künstler der deutschen Musikszene, sondern wahrscheinlich der beste Singer-Songwriter Deutschlands.
Alleine, nur mit Gitarre bewaffnet, legte zu Knyphausen, trotz mehrerer Verspieler, fast zwei Stunden Gänsehaut-Atmosphäre aufs Parkett. Dabei spielte er sich quer durch seine Diskografie: Von seinem selbstbetitelten Debüt, über “Hurra! Hurra! So nicht.” und Songs seines leider verstorbenen Kollegen Nils Koppruch bis hin zu noch nicht veröffentlichten neuen Liedern war von allem etwas dabei. Neben dieser wunderbaren Setlist profitierte das Konzert von einem unheimlich tollen Publikum, das fast das gesamte Konzert über mucksmäuschenstill war und nur in ausgewählten Momenten mit sang – perfekt! Wem diese Lobhudelei noch nicht genug ist: Wenn du es mit deiner Musik schaffst, schon zu Beginn des Konzerts nicht nur etliche Gänsehaut-Momente zu verteilen, sondern sogar jemanden zu Tränen rührst, weißt du, dass du einiges richtig gemacht hast.
Mit einem seligen Gefühl verließen wir glücklich, aber auch erschöpft das Haus der Jugend und entschieden uns schweren Herzens, den Tagesabschluss Voodoo Jürgens gegen das eigene Bett einzutauschen, schließlich standen auch am Samstag noch ein paar Konzerte vor uns.
Popsalon 2017 – Roosevelt ein würdiger Abschluss
Dieser hielt mit Roosevelt noch mal ein ganz besonderes Schmankerl bereit. In einer erneut durchaus gut gefüllten Lagerhalle brachte die Indie-Kombo um Mastermind Marius Lauber, ehemals Schlagzeuger von Beat!Beat!Beat!, das Publikum zum schwitzen. Zu einem Haufen Hits, allesamt vom selbstbetitelten Debütalbum des letzten Jahres, konnte man noch einmal richtig feiern. Ob “Night Moves”, “Heart”, “Sea” oder “Fever” – die 80er-Synthie-Klänge gefielen fast jedem. Nicht umsonst ist Roosevelt international schon eine ziemliche Größe und tourt neben vielen großen europäischen Festivals auch in den USA. Hat er verdient, wie wir finden!
Dass die anderen Auftritte am Samstag nicht ganz mit diesem Konzert mithalten konnten, ist logisch. So kamen weder Von Wegen Lisbeth, die zwar ganz nett sind, aber ihrem riesigen Hype nicht gerecht wurden, noch die Foreign Diplomats, die zwar vom Publikum frenetisch gefeiert wurden, uns jedoch nicht ganz zu überzeugen wussten, an das Highlight in der Lagerhalle heran.
Der Popsalon hielt also wieder, was er versprach. Tolle Konzerte in schönen Locations, die einfach Lust auf den Festivalsommer machten. Klar, Osnabrück ist nicht Hamburg und der Popsalon hat nicht im Ansatz die Möglichkeiten, die das Reeperbahn Festival besitzt, dafür aber seinen eigenen Charme. Hier und da könnte man bestimmt Kritikpunkte finden und Verbesserungsvorschläge einbringen, etwa den Beginn der Konzerte ein wenig vorzuziehen, was vielleicht die ein oder andere bittere Überschneidung nehmen würde, aber im Endeffekt kann auch das dem überaus positiven Gesamtbild des Festivals nichts anhaben. Popsalon, bis nächstes Jahr – hoffentlich dann mit einer größeren Forumsgruppe!
P.S: Wer jetzt schon Lust bekommt – Frühbuchertickets für das Wochenende vom 12. bis 14. April 2018 gibt es noch bis zum 31. Mai 2017 für 39,90 Euro im Kartenwerk in Osnabrück.