BEST KEPT SECRET. Irgendwie widersprüchlich prangt der Name in großen Lettern am Eingang des Geländes. Denn das niederländische Best Kept Secret Festival ist schon lange kein Geheimtipp mehr: Kurz vor seinem Beginn meldete die Veranstaltung den Ausverkauf und schenkte 25.000 Besucher*innen ein sonniges Wochenende mit fantastischer Musik und Camping direkt am See.
Aller Anfang ist mühsam
Das Best Kept Secret begann nicht unbedingt, wie wir es uns vorgestellt haben. Von drei verschiedenen Ordnern immer wieder auf andere Parkplätze gelockt zu werden, kann nach fünfstündiger fahrt ziemlich an die Nerven gehen. Dass diese dann gleich 25 Euro pro Auto kosten macht die Situation dann auch nicht unbedingt besser – besonders, wenn die Parktickets letzten Endes eh niemand sehen will. Etwas verdutzt von der Unwissenheit der Ordner machten wir uns auf den Weg vom Auto zum Campingplatz – und der hatte es in sich! Wenigstens wechselte sich die Szenerie auf dem knapp einstündigen Gewaltmarsch ab. Vorbei an weidenden Kühen, dekadenten Vorstadtdomizilen und opulent bewachsenen Vorgärten schleppten wir unser Gepäck schnaufend in das Waldstück, in dem sich der Campinglatz befindet.
Unser Schnaufen verwandelte sich in entzücktes Grinsen, als wir uns mit dem Campinggelände vertraut machten. Obwohl der Platz zu diesem Zeitpunkt bereits für drei Stunden geöffnet war, fanden wir ein lauschiges Örtchen im Schatten hoher Bäume, kaum zwanzig Schritte vom See entfernt. Selten habe ich einen solch gemütlichen und entspannten Campingplatz auf einem Festival erlebt!
Da Camping- und Festivalgelände beinahe zeitgleich öffneten, hieß es für uns schon nach kurzer Zeit: Auf zu den Bühnen! Doch auch auf diesem Weg regte sich neuer Unmut, denn bei den bisweilen willkürlich anmutenden Taschenkontrollen mussten wir selbst alkoholfreie Getränke ohne Deckel wegkippen. Diese negative Gemütsregung sollte jedoch an diesem Wochenende die letzte ihrer Art sein. Sofort fiel uns die liebevolle Gestaltung des großzügigen Geländes auf, das beinahe komplett ohne Werbung auskam. Zudem ließen sich abseits der Bühnen so einige geheime Spots entdecken, die als Oasen der Ruhe fungierten.
Beim musikalischen Angebot hat das Best Kept Secret Festival aus dem Vollen geschöpft. Zu den weithin bekannten Headlinern Arctic Monkeys, LCD Soundsystem und The National gesellten sich Bands, die man als Festivalbesucher*in eher selten zu Gesicht bekommt, darunter Spoon, Mogwai oder die aus der Doku “Searching for Sugar Man” bekannt gewordene Folk-Legende Rodriguez. Auch Helden der Stunde wie das Londoner Indie-Pop-Youtube-Phänomen Superorganism bejubelte das Publikum frenetisch.
Khruangbin, die heimlichen Headliner
Highlights aufzuzählen fällt hier wirklich schwer, da das Programm von Post-Punk über Synthie-Pop bis hin zu Techno jeden Musikgeschmack bediente. Die größte Euphorie stellten wir jedoch am dritten Tag fest, als Khruangbin die zweitgrößte Bühne bereits um 14 Uhr beinahe zum Platzen gebracht haben. Ursprünglich als nette Beschallung für nebenbei auf dem Zettel gehabt, zogen uns die drei Texaner*innen in ihren Sog aus verspielten und technisch überragenden Gitarrensoli, harmonisch groovenden Melodielinien und eingestreuten Hip-Hop-Covern.
Der Applaus war maximal euphorisch, als die Band uns nach 45 Minuten aus ihrer psychedelischen Hypnose entließ. Dieser Gig wird sicherlich auch der Band noch länger in bleibender Erinnerung bleiben.
Die Mischung macht’s
Beinahe jedes besuchte Konzert könnten wir so ausführlich beleuchten wie das von Khruangbin, denn alle waren gespickt mit Highlights. Vom sympathisch-verpeilten Indierock von Deerhunter, den von einer perfekten Lightshow begleitete Auftritt von CHVRCHES bis hin zum knalligen Noiserock von …Trail of Dead, der zu hemmungslosen Pogopits geführt hat, war das Programm an Abwechslung kaum zu überbieten. Durch insgesamt fünf Bühnen, von denen drei überdacht waren, gab es immer genug Programm bis tief in die Nacht hinein; und waren wir tagsüber noch nicht in Musiklaune, sind wir bei dem wunderbaren Wetter einfach baden gegangen.
Mit dem furiosen Auftritt von LCD Soundsystem, der das Publikum bis in die hintersten Reihen zum Tanzen brachte, endete das diesjährige Best Kept Secret. Was bleibt, sind die Eindrücke eines entspannten Festivals mit fabelhaften Konzerten – und Mückenstiche, die mich noch lange an unseren Campingplatz am See erinnern. Text und Fotos: Danilo Rößger
Viele weitere Bilder vom Best Kept Secret 2018 gibt es in meinem Blog allerorts.de zu sehen.
Superorganism