Den Namen Nils Frahm habe ich das erste Mal 2010 im Dat Blatt gelesen, der alljährlich erscheinenden Informationszeitung des Haldern Pop Festivals. Im Tonstudio sollte er auftreten. Da mir aber weder der Künstler noch die Location irgendetwas sagten, entschied ich mich dafür, in meinem Campingstuhl sitzen zu bleiben. Es war mein erstes Haldern Pop, ich war 17 Jahre alt und hauptsächlich wegen Mumford & Sons vor Ort. Seitdem sind acht Jahre vergangen und Nils Frahm gibt mittlerweile sein viertes Gastspiel am Niederrhein – mittlerweile zum zweiten Mal am späten Abend auf der Hauptbühne. Aber nicht nur Nils Frahm darf auf eine vitale Vergangenheit beim Haldern Pop zurückblicken. Auch ich habe über die Jahre etliche wunderbare Erinnerungen gesammelt und Freundschaften geknüpft. Die diesjährige Ausgabe macht da keine Ausnahme.
Schon beim Passieren des Halderner Ortsschildes am Donnerstagmorgen fühlt sich alles an wie immer. Wie gewohnt begegnen mir auf der Anreise die liebevoll handgemalten Schilder am Straßenrand, die mich willkommen heißen und für ein erstes wohliges Gefühl der Freude sorgen. Es dauert nicht mehr lange, dann strahlt mir eine selbige von allen Seiten entgegen, sei es nun von den etlichen freiwilligen Helfern, vom Publikum, oder von den Anwohnern, die mit der gesamten Familie Frühstück oder Kaffee zu humanen Preisen anbieten und dadurch schon seit Ewigkeiten fester Bestandteil des Haldern Pop sind.
Dass das Dorf dem Festival gegenüber so positiv gestimmt ist, hat viele Gründe. Indie-Musik spielt in diesem fast schon klischeemäßig wirkenden Ort am Niederrhein das gesamte Jahr über eine große Rolle. Mit dem Label Haldern Pop Recordings werden Alben internationaler und nationaler Künstler vertrieben und nicht selten findet sich neben Städten wie Berlin, Köln oder Hamburg auch die beschauliche Haldern Pop Bar auf Tourplänen angesagter und aufstrebender Acts.
Auch während des Festivals ist die Ortsmitte fest mit dem Festival verwoben. Die Haldern Pop Bar, die örtliche Gemeindekirche und nun auch das Jugendheim halten als Kulisse für intime Konzerte her. So manches Mal muss man sich zwar aufraffen, um den gemütlichen Campingstuhl für den rund 1,5 km langen Fußweg ins Dorf einzutauschen, jedoch versprechen die Konzerte stets ein ganz besonderes Ereignis – und lassen sich zudem ganz praktisch mit einem Einkauf im lokalen Supermarkt oder einem Mittagessen in der Pizzeria verbinden.
Meine morgendliche Euphorie am Donnerstag steigerte sich noch weiter, als uns der Weg übers Campinggelände zu unserem Camp führte und wir die ersten altbekannten Gesichter begrüßten. Der Großteil trifft sich nur einmal im Jahr für diese drei Tage, dennoch fühlt man sich inmitten des aufgebauten Zeltlagers nach wenigen Minuten schon wieder wie ein eingeschworener, großer Freundeskreis. Da stört es auch nicht weiter, dass die ersten starken Regenfälle nach gefühlten Monaten der Dürre kurz nach unserer Ankunft eintreffen. Geschenkt, denn selbst der stärkste Dauerregen hätte die nächsten Tage nicht kaputt machen können.
Und so fand man sich schnell in Gesprächen darüber wieder, wie man die letzten zwölf Monate verbracht hat, aber auch Anekdoten aus den letzten Jahren Haldern Pop wurden wieder herausgeholt. Nostalgisch kamen neben den emotionalen Auftritten von Künstlern wie Glen Hansard oder The National auf dem Reitplatz auch die stickigen und losgelösten Konzerte im Spiegelzelt von Metz, Dan Deacon oder Courtney Barnett zur Sprache – und nicht zuletzt auch der fulminante Auftritt der Idles im vergangenen Jahr. Jetzt, einige Tage nach dem Festival steht fest, dass sich zu diesen Erinnerungen in den nächsten Jahren auch die ein oder andere wundervolle Geschichte der diesjährigen Ausgabe gesellen wird.