25 Jahre Immergut. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Während der 25. Geburtstag in meinem Kopf eher mit Horror-Traditionen wie dem norddeutschen “Kranz ablaufen” konnotiert ist, bewies die Jubiläumsfeier des schnuckeligen Indiefestivals, wie viel angenehmer eine lang gewachsene Tradition sein kann. Denn für viele Festivalbesucher ist der Immergut-Besuch zu einer solchen geworden. Das lag an den konsequent tollen Line-Ups der letzten Jahre, die einen Ticketkauf schon vor der ersten Bestätigung fürs neue Jahr rechtfertigen, an dem tollen gastronomischen Angebot und der entspannten Stimmung auf dem Campingplatz. Es lag aber auch, wie man in dem Festivalheftchen nachlesen konnte, an den ganzen Freundschaften oder Beziehungen, die seit der ersten Ausgabe 1999 entstanden sind. Für Immergut-Frischlinge kann so ein Jubiläum dann natürlich ein wenig abschreckend wirken, könnte man sich doch wie der Neue im Freundeskreis, wie ein Imposter bei Among Us fühlen. Schnell zeigte sich jedoch: Trotz Feierlichkeiten und vielen Erinnerungen war das Immergut 2025 keine gated Community, sondern wie immer offen und herzlich.

Schon bei der etwas längeren Anreise aus Nordwestdeutschland kamen von Stunde zu Stunde Erinnerungen hoch, die Vorfreude stieg an und spätestens mit Blick auf den örtliche Norma fühlte man sich, als sei man nie weg gewesen. Ähnlich verhielt es sich nach Ankunft auf dem Gelände des Festivals: die Ordner*innen, die Besucher*innen, die Bäume, alles wirkte irgendwie seltsam vertraut, dabei habe ich bis jetzt nicht mehr als 72 Stunden auf diesem kleinen ostdeutschen Fleckchen Erde verbracht. Ein Gefühl, das auch in den kommenden 72 Stunden nicht vergehen sollte.
Dafür sorgte selbstverständlich primär das tolle Booking. Die Mischung aus alten Bekannten und vielen aufstrebenden jüngeren Künstler*innen macht bei Festivals wie dem Immergut den Markenkern aus und die Veranstalter*innen bewiesen, dass sie auch nach 25 Jahren noch am Puls der Zeit sind. Man hatte sozusagen die Wahl zwischen Musik, die Teile der letzten 25 Jahre des Festivals geprägt hat, und Musik, die vielleicht die kommenden 25 Jahre prägen wird. Zwar schaffte man es, etliche Hochkaräter der Immergutgeschichte, wie etwa Bilderbuch, Shout Out Louds oder Erobique für die diesjährige Ausgabe zu bekommen, die großen Highlights waren trotz allem die unbekannten Acts, die dem Immergut hoffentlich in Zukunft ihren Stempel aufdrücken werden.

So zum Beispiel Mel D. Die Schweizerin spielte Donnerstags nachmittags im Zelt und war das erste herausragende Highlight des Festivals. Mit ihrer Mischung aus Indiepop und Singer-Songwriter passt Mel D zu Künstler*innen wie Philine Sonny, Bush Always oder BROCKHOFF, die in der DACH-Region seit einigen Jahren im Kommen sind. Hier sticht sie jedoch noch einmal mit ihrer stimmlichen Varianz heraus, die sie live an Acts wie Julien Baker erinnern ließ. Dass es sich bei dem Konzert um den ersten wirklichen Festivalauftritt handeln sollte, dürfte bei der Qualität und Routiniertheit den ein oder anderen überrascht haben. Von uns hat Mel D die Erlaubnis, immer wieder nach Neustrelitz zu kommen und die kommenden 25 Jahre mitzugestalten.