Das kleine, sympathische lunatic Festival in Lüneburg ist eine Veranstaltung mit Vorbildfunktion: Neben dem wunderbaren musikalischen Line Up scheut es sich nicht, Themen wie Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit anzusprechen.
Bereits zum 15. Mal findet in Lüneburg in diesem Jahr das lunatic Festival statt. Doch anstatt sich selbst zu feiern, tut es das, was es am besten kann: Seinen Besucherinnen und Besuchern eine wunderbare Melange aus Kunst, Musik und Performances zu präsentieren.
Das lunatic Festival liegt zum Großteil in der Hand von Studierenden der Leuphana Universität. Jedes Jahr ist es aufs Neue Zweck und Ergebnis eines dort angebotenen Semesterprojekts, das sich vorgenommen hat, ein möglichst klimaneutrales, grünes und erfolgreiches Festival auf die Beine zu stellen. Schon als Besucher merkt man, dass sich die vielen stressigen Stunden der Organisation gelohnt haben: Selten bekommt man auf einem Festival auf so direkte Art und Weise mit, wie Besucher, Acts und Mitarbeiter gemeinsam Spaß haben und feiern.
Nicht zuletzt haben wir riesiges Glück mit dem Wetter: Während im 60 Kilometer entfernten Hamburg ein Unwetter biblischen Ausmaßes niedergeht, bleibt Lüneburg vom Regen verschont – dementsprechend heiter ist die Stimmung auf dem Campus, der an diesem Wochenende für zwei Tage als Festivalgelände zweckentfremdet wird.
Nachdem das Bookingteam in den letzten Jahren bereits mit Acts wie Hundreds, Von Wegen Lisbeth oder Isolation Berlin den Nerv der Festivalbesucher trafen, leisteten sie auch in diesem Jahr ganze Arbeit. Auf vier Bühnen deckt das Programm beinahe alle festival-typischen Genres ab und sorgt für ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis. Während am ersten Tag traditionsgemäß eher Rap-Acts Vorrang haben, steht der zweite Tag zum Großteil im Zeichen des Indierock.
Meine musikalischen Highlights in diesem Jahr:
1. Vizediktator
Deutschpunk’s not dead! Alle Freunde von Bands wie Adam Angst, Love A oder Pascow sollten aufhorchen – denn hier kommt neuer heißer Stoff aus Berlin. Nach zwei, drei Aufwärmsongs quittiert das Publikum diesen Auftritt mit ausgelassenem Pogotanz. Auch die Band ist sichtlich entzückt und setzt das Konzert teilweise im Publikum fort.
2. Coely
Für viele bis zu diesem Zeitpunkt ein eher unbeschriebenes Blatt, liefert die belgische Rapperin Coely als Headlinerin des ersten Tages eine leidenschaftliche Mischung aus Soul, Rap und Rock ab. Damit bringt sie selbst jene zum Jubeln, die nur mit einer der genannten Musikrichtungen etwas anfangen können. Solche Acts braucht ein gutes Festival!
3. Dream Wife
Die britischen Punkrockerinnen von Dream Wife sprechen mit emanzipierten und selbstbewussten Lyrics vielen Besucherinnen aus der Seele und treffen somit genau den Puls der Zeit. Wer hier allerdings Kalkül vermutet, liegt falsch. Voller Herzblut bügeln die drei Frontfrauen ihr Set herunter und machen damit überdeutlich, dass sie noch einige Bühnen im Sturm erobern werden.
4. Faces on TV
Wer auf funkig-düsteren Kammerpop à la Balthazar steht, ist hier richtig. Frontmann Jasper Maekelberg überzeugt mit beinahe schon stoischer Coolness und seinem Gefühl für groovige Melodien. Hin und wieder könnte ihm zwar ein Lächeln gut stehen – doch das übernimmt dann eben das Publikum für ihn.
5. Roast Apple
Indie-Rock a la Parcels und Franz Ferdinand braucht niemand mehr? Diese vier Jungs aus Hamburg beweisen allen Zweiflern das Gegenteil und wissen bereits als Opener eine ganze Schar tanzender Menschen vor die Bühne zu locken. Sollte man weiter beobachten!
Alles in allem bot das lunatic Festival 2018 ein wunderbares Wochenende mit toller Musik und entspannter Atmosphäre – und lieferte durch seinen Nachhaltigkeitsansatz ganz nebenbei noch Denkanstöße über das eigene Konsumverhalten. Großer Dank geht raus an das ganze Team – ihr habt nicht nur mir, sondern mindestens 3499 weiteren Besuchern eine wunderbare Zeit spendiert!
Text und Fotos: Danilo Rößger
Angefixt? Ein paar weitere Bilder vom lunatic Festival 2018 gibt es in meinem Blog allerorts zu sehen.