Hurricane Festival 2018 – “It’s bollocks”

Hurricane Festival 2018 – viel Tanz, viel White-Stage

Trotzdem, im Vergleich mit einigen Vorjahren war das Publikum durchaus entspannt, besonders bei den Konzerten, die hier nicht zu kurz kommen sollen. Denn entgegen einiger Unkenrufe vor dem Festival gab es 2018 eine Menge toller, überzeugender Auftritte. So spielten am Freitagabend Jungle mit etwas Verzögerung ein wundervoll tanzbares Set, das den noch etwas angeschlagenen Körper endlich aufweckte. Zwischen die Hits des ersten, selbstbetitelten Albums mischten sich neuere Songs, die Vorfreude auf das neue Machwerk aufkommen ließen. Einfach schöne Sommer-Musik, die auf der White-Stage mit ihrem wirklich guten Sound genau richtig aufgehoben war.

Das kann man über die vorher auf der Green-Stage auftretenden Feine Sahne Fischfilet leider nicht sagen. Der Auftritt war, wie schon im Februar in Osnabrück, wirklich gut und man sah der Band an, dass sie Spaß hatte. Leider standen wir auf der linken Seite vor der Bühne denkbar schlecht. Zum einen, weil der Wind den Sound immer wieder verwehte, weshalb keine wirkliche Stimmung aufkommen konnte. Zum anderen, weil wir anscheinend in einem Haufen Nazis gelandet sind, die nur für den Saufsong “Komplett im Arsch” da waren. Den Rest der Zeit kümmerte sich der Pulk, teilweise gekleidet in klischeehaften, hässlichen Onkelz-T-Shirts, nicht um den Auftritt der Band und unterhielt sich lieber lautstark über “die Neger, die unser Pfand klauen”.

Mehr erfreuliches bot der Samstag. Mit dem Indiepop der Parcels gab es schon am frühen Abend ein riesiges Highlight. Das Publikum war super aufgelegt, sehr textsicher und tanzfreudig, was die Stimmung in der White-Stage zum kochen brachte. Die Australier, die sich sichtlich wohl fühlten, wurden nach dem letzten Song im gut besuchten Zelt von fast allen frenetisch gefeiert. Wer in diesem Sommer noch die Chance hat sie zu sehen, sollte es sich nicht entgehen lassen.

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Die White-Stage bei Nacht.

 

Etwa zwei Stunden später lieferte Benjamin Clementine an gleichem Ort eines der skurrilsten Konzerte, die wir jemals auf dem Hurricane gesehen haben, und eines der besten des Jahres. Nachdem er im Laufe des ersten Liedes eine der als Bühnendeko angedachten schwangeren Schaufensterpuppen auseinander nahm und die Bestandteile ins Publikum warf, war klar, dass es kein normales Konzert werden sollte. Wenige Lieder spielte er wirklich: Einige spielte er an, um sich mit seiner Band im jammen zu verlieren, andere spielte er anders als man sie kennt. So sang er in Cornerstone ausschließlich die Zeile “I’m alone in a box of stone” und ließ sich “Condolence” vom Publikum übersetzen, mit dem er den Refrain daraufhin zusammen minutenlang sang. Seine Abneigung gegenüber dem Festival und seinen Besuchern zeigte sich nicht nur in dem eingangs erwähnten Zitat. In seinen Liedern machte er sich über die Deutschland-Fans lustig, die sich auf dem Festival lieber ein WM-Spiel als Konzerte anschauen, was ihm im Publikum durchaus Sympathien brachte. Und auch die parallel spielenden The Kooks kamen nicht gut weg. Als in einer Pause die Klänge der Green-Stage ins Zelt dröhnten, ließ es sich Clementine nicht nehmen seine Band klischeehafte Indie-Melodien spielen zu lassen, auf diese er zehn Minuten lang willkürlich aneinandergereiht deutsche Begriffe wie “Ja”, “Nein”, “Fußball” und “Kartoffel” sang. Ein absolut absurdes Highlight.